Soziale Projekte statt Interrail-Urlaub
Unterwegs zur Präsestour
Die neue EKD-Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich ist auf Präsestour durch die ganze Bundesrepublik
Einen konkreten Fahrplan für diese Tour hat Anna-Nicole Heinrich nicht. Die Regensburger Studentin, die im Mai von der Synode der EKD zur Präses des evangelischen Kirchenparlaments gewählt worden war, reist in diesen Tagen quer durch Deutschland. Zusammen mit einer guten Freundin unternimmt sie eine „Präsestour“, von Flensburg bis nach Freiburg.
Von Benjamin Lassiwe
„Mich beschäftigt, bei welchen Themen Kirche an bereits Vorhandenes anknüpfen kann“, sagt Heinrich. „Wo entsteht ein Netzwerk, mit wem könnten wir in Kontakt treten?“ Klassischerweise sucht sich die Kirche bislang ihre Partner eher auf offiziellen Terminen, bei Tagungen und Konferenzen – oder, wie es Heinrich formuliert: „Mit Bischof und Brötchen“. „Man könnte natürlich zehn solche Treffen mit Präses, mit Bischof und Brötchen organisieren“, sagt Heinrich. Genau das will die neue Präses aber nicht. „Auf unserer Tour besuchen wir Projekte, die uns von Anderen empfohlen worden sind“, sagt Heinrich. „Wir gehen nicht in kirchliche Räume, wir bleiben größtenteils außerhalb der Kirchenbubble.“ Übernachtet wird nur bei Privatpersonen, gereist nur mit dem Zug – die Präses hat ja schließlich eine auch als „Bahncard 100“ bekannte Jahresnetzkarte der Deutschen Bahn. Wenn Anna-Nicole Heinrich von ihrer Fahrt erzählt, fühlt man sich beim Zuhören irgendwie an einen Interrail-Urlaub erinnert – doch einen Urlaub macht die EKD-Präses nun gerade nicht.
In Hamburg war sie etwa beim Verein „Herzcaspar“ zu Besuch. Ehrenamtliche, die mit der Kirche ansonsten nichts zu tun haben, besuchen Kinder auf Krankenhausstationen. Ihr Ziel ist es, die Kinder und Jugendlichen länger zu betreuen, zu Freunden zu werden. „Sie sind da, wo der Seelsorger zu ernst und der Clown zu albern ist“, beschreibt Heinrich die Arbeit des Vereins. Doch im Uniklinikum der Hansestadt hatten es die Herzcaspar unter Corona-Bedingungen bislang schwer, Zutritt zu bekommen und so in Kontakt treten zu können. Also hat Anna-Nicole Heinrich ein Treffen mit den dortigen Klinikseelsorgern arrangiert. „Das war super spannend, dass dadurch ein sehr positives Gespräch in Gang gekommen ist“, sagt Heinrich. „Ohne irgendeine Konkurrenzsituation hat man sich vernetzt – die werden bald wieder gemeinsam Kaffee trinken.“ Wie die neue Präses auf den Verein gestoßen ist? In Lüneburg nahm Heinrich an einer Utopie-Konferenz teil, einem der wenigen geplanten Termine ihrer Tour – und wurde spontan nach Hamburg eingeladen. „Aber manchmal entstehen aus ungeplanten Begegnungen auch die besten Treffen.“
Was mit den Eindrücken und Ideen der Reise nun passieren soll? Heinrich will darüber zunächst mit dem Synodenpräsidium beraten. Und einige ihrer Eindrücke werden dann möglicherweise auch den Weg in den Bericht des Gremiums finden und von der in Bremen tagenden EKD-Synode debattiert werden. Denn die Präses war ja schließlich angetreten, um die Kirche stärker in Kontakt mit ihrer säkularen Umwelt zu bringen.
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