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Sucht
Der Wein und die Menschen der Bibel

Foto:  epd-bild/Norbert Neetz

Wie heute ist vor 2000-3000 Jahren Alkohol, speziell Wein, ein geliebtes und gesellschaftlich geschätztes Genussmittel gewesen, das bei Menschen zum Lebensmittel, zur Lebensmitte werden konnte und sich schließlich als Suchtmittel entpuppte. Diese seit Jahrtausenden anhaltenden Erfahrungen spiegeln sich auch in den über 200 Erwähnungen von Wein in der Bibel wieder. Dabei entsteht ein äußerst differenziertes Bild über den (Umgang mit dem) Wein, lebensnah und teils unmissverständlich. Zehn Aussagen sollen einen Überblick geben.

Von Jürgen Naundorff

1. Wein trug zur Fröhlichkeit bei

Der Mensch pflügt, sät und erntet, „... so hat er Wein, der ihn erfreut, Öl, das seinen Körper pflegt und Brot, das ihn stärkt.” (Psalm 104, 15, wie alle Bibelzitat aus „Hoffnung für alle – Bibel“) Der Prediger (10, 19) stellt fest: „Ein gutes Essen macht fröhlich, Wein macht lustig, und Geld macht beides möglich!” Das ist bis heute so!

2. Alkoholabhängigkeit war ein beobachtbares Phänomen zu biblischen Zeiten

In Sprüche 23, 29-35 werden Beobachtungen eines alkoholabhängigen Menschen niedergeschrieben, vor Alkoholmissbrauch gewarnt und Symptome der Alkoholabhängigkeit beschrieben. Z.B. optisch-akustische Wahrnehmungsstörungen beim Prädelir (Vers 33): „Deine Augen sehen seltsame Dinge, deine Gedanken und Gefühle wirbeln durcheinander.” Der Zwang des Weitertrinkens wird in Vers 35 beschrieben: „Du sagst: >... Wann wache ich endlich aus meinem Rausch auf? Ich brauche wieder ein Glas Wein!<”

3. Alkoholmissbrauch kann schwere Folgen haben

Noah, der gerecht und untadelig war, so 1. Mose 6, 9 und mit seiner Familie in der Arche die Sintflut überlebte, konnte mindestens einmal nicht Maß halten. Er trank „von dem Wein, wurde betrunken und lag nackt in seinem Zelt.” (1. Mose 9, 20-21) Es folgte eine Familientragödie.

4. Der Wein wurde zur Schmerzlinderung, Desinfektion und Betäubung benutzt

In der Beispielgeschichte Jesu über die Nächstenliebe verband der barmherzige Samariter „seine Wunden und goss Öl und Wein darauf ...” (Revidierte Elberfelder Bibel, Lukas 10, 34) Seinem Mitarbeiter Timotheus rät der Apostel Paulus: „Trinke nicht länger nur Wasser. Du bist so oft krank, und da ist es für deinen Magen besser, wenn du etwas Wein trinkst.” (1.Timotheus 5, 23) Ein wenig Wein (um mehr ging es hier nicht) im Wasser wirkte desinfizierend. Zugleich besagt dieses Bibelzitat, dass Timotheus alkoholabstinent lebte. Dafür hatte er offensichtlich Gründe, vielleicht die unter 9. beschriebenen.

5. Wein spielt bei der Ankündigung des Messias eine Rolle

Im AT wird auf das Kommen des versprochenen Retters mit dieser Einladung hingewiesen: „Der Herr ruft: >Ihr habt Durst? Kommt her, hier gibt es Wasser! Auch wer kein Geld hat, kann kommen. Nehmt euch Brot und esst! Hierher! Hier gibt es Wein und Milch. Bedient euch, es kostet nichts!<” (Jesaja 55, 1) Interessanterweise verwandelt Jesus auf der Hochzeitsfeier zu Kana als erstes Zeichen Wasser zu Wein (Johannes 2, 1-11). Dieses Zeichen soll auf ihn als Messias hinweisen.

6. Verzicht auf Alkohol galt als besondere Form der Weihe für Gott

Gott sagt durch Mose dem Volk Israel: „Wenn ein Mensch … sich eine Zeitlang ganz mir, dem Herrn, weiht, dann soll er weder Wein noch sonst ein berauschendes Getränk, noch Essig zu sich nehmen …” (4. Mose 6, 2-3). Ebenso tranken Daniel und seine drei Freunde keinen Wein, um sich nicht zu verunreinigen (Daniel 1, 5+8+16). Jesus spricht zu den Pharisäern und Schriftgelehrten: „Johannes der Täufer fastete oft und trank keinen Wein. Da habt ihr gesagt: Der ist doch verrückt!” (Lukas 7, 33) Israelitische Priester durften ihren Dienst nicht alkoholisiert antreten: „Bevor sie den inneren Tempelvorhof betreten, dürfen sie keinen Wein trinken.” (Hesekiel 44, 21)

7. Sich-betrinken wird scharf verurteilt und davor gewarnt, Mäßigkeit gefordert

Scharf prangert Jesaja in Kap. 28, 7-8 die Trinkgelage der religiösen Führer an: „Sogar die Priester und Propheten torkeln. Von Wein und anderen berauschenden Getränken benebelt, können sie sich kaum noch auf den Beinen halten. Taumelnd und torkelnd empfangen die Propheten ihre Visionen, und die Priester schwanken hin und her, wenn sie Recht sprechen. Die Tische, an denen sie sitzen, sind voll von Erbrochenem, alles ist besudelt.” Paulus warnt gegenüber mehreren Gemeinden, u.a. in Epheser 5, 18: „Betrinkt euch nicht; das führt nur zu einem liederlichen Leben. Lasst euch vielmehr von Gottes Heiligem Geist erfüllen.” Paulus betont: „Auch die Mitarbeiter in der Gemeinde sollen geachtete Leute sein, ehrlich und glaubwürdig in ihrem Reden; sie sollen sich nicht betrinken und auch nicht auf Gewinn bedacht sein.” (1.Timotheus 3, 8)

8. Enthaltsamkeit vom Alkohol als Zeichen der Solidarität

Für Christen gibt es laut dem NT einen Grund, grundsätzlich keinen Wein zu trinken: die Liebe zu denen, die in ihrem Gewissen durch den Weinkonsum belastet werden. „Deswegen ist es besser, du isst kein Fleisch, trinkst keinen Wein und vermeidest überhaupt alles, was deinen Bruder zur Sünde verführen könnte.” (Römer 14, 21) Unter diesem Aspekt begann die Blaukreuz-Arbeit: Verzicht auf Alkohol aus Liebe zu den Alkoholabhängigen. Dadurch sollten Abhängige ermutigt werden, alkoholabstinent zu leben. Auf solch einer praktizierten Nächstenliebe ruhte Gottes Segen für die Blaukreuz-Arbeit - bis heute.

9. Menschen in der Bibel waren alkoholkrank und abstinent lebend

„Lange genug habt ihr früher ein zügelloses Leben geführt wie alle anderen, die Gott nicht kennen. Ihr habt euch gehen lassen, euch betrunken und rauschende Feste gefeiert, und ihr habt beim abscheulichen Götzendienst mitgemacht. Natürlich können eure alten Freunde nicht verstehen, weshalb ihr von diesem haltlosen Leben auf einmal nichts mehr wissen wollt. Und deshalb verspotten sie euch.“ (1. Petrus 4,3+4) Paulus beschreibt, wer nicht ins Himmelreich kommt: „… auch kein Dieb, kein Habgieriger, kein Trinker, kein Verleumder oder Räuber. Und das sind einige von euch gewesen. Aber jetzt sind eure Sünden abgewaschen.“ (1. Korinther 6, 9)

10. Der Abendmahlsvollzug verlangt nicht das Ausschenken alkoholhaltigen Weins

In den Abendmahlsberichten wird nicht von vergorenen Wein, von Alkohol, gesprochen wird. Bei der Einsetzung des Herrenmahles erwähnt Jesus den Inhalt des Bechers weder als Wein (griech. „oinos”) noch als Süßwein (griech. „gleukos”), sondern als Frucht des Weinstockes (griech. „genema tes ampelou”), siehe auch: Matthäus 26, 29; Markus 14, 25; Lukas 22, 18. Warum? Weil es beim Abendmahl nicht um den Alkoholgehalt des Traubengetränks geht, sondern um die erfahrbare Verbindung zwischen Jesus als dem Weinstock und seinen Jüngern, den Reben. Somit kann zum Abendmahl sowohl vergorener als auch unvergorener Wein (Traubensaft) ausgeschenkt werden.

Der Autor ist Dipl.-Religionspädagoge (FH), Dipl.-Sozialpädagoge (FH) und Mitglied der Geschäftsleitung des Blaues Kreuz in Deutschland e.V.

Vom Kreuz im Blauen Kreuz
Autor:

Katja Schmidtke

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