Mahnmal erinnert künftig an »Entjudungsinstitut«
Dunkle Kirchengeschichte
In Eisenach soll künftig ein Mahnmal an das sogenannte Entjudungsinstitut erinnern. Es soll 80 Jahre nach seiner Gründung am 6. Mai etwa 100 Meter unterhalb des früheren Institutsgebäudes, das an einem steilen Stieg liegt, in der Wartburgstadt eingeweiht werden, kündigte Landesbischöfin Ilse Junkermann an.
Von der Verlegung verspreche man sich eine bessere öffentliche Wahrnehmung, erklärte sie. Der Standort des Mahnmals befindet sich ungefähr fünf Minuten Fußweg entfernt vom Geburtshaus des Komponisten Johann Sebastian Bach (1685–1750). Das 1939 auf der Wartburg von elf der damaligen evangelischen Landeskirchen gegründete »Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das kirchliche Leben« hatte zum Ziel, Kirche und christlichen Glauben an die nationalsozialistische Ideologie anzupassen.
Auf die genaue Ausgestaltung der Installation nach einem Entwurf des Leipziger Grafikers Marc Pethran wollte die Bischöfin unter Verweis auf die bevorstehende Enthüllung nicht näher eingehen. Es werde aber mit dem Zitat »Wir sind in die Irre gegangen« auf das »Darmstädter Wort« aus dem Jahre 1947 angespielt, einem Bekenntnis evangelischer Christen zu ihrer historischen Mitverantwortung für die Ursachen und Folgen des Nationalsozialismus, erläuterte Junkermann.
Die Einweihung des Mahnmals, zu der auch Vertreter von fünf Nachfolgekirchen der Gründungskirchen erwartet werden, ist aus Sicht der Bischöfin ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Eröffnung der neuen Sonderausstellung im Eisenacher Lutherhaus am 20. September. Sie trägt den Titel »Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche ›Entjudungsinstitut‹ 1939–1945« und soll bis mindestens Ende 2021 zu sehen sein, erklärte der Chef des Museums, Jochen Birkenmeier.
Der Schwerpunkt der Exposition liegt nach seinen Angaben auf der Herausarbeitung der Gründe, die zur Einrichtung des Instituts führten. Aber auch der Umgang mit diesem »dunklen Teil« der Kirchengeschichte in der DDR werde thematisiert. Dazu zähle auch ein Blick auf die weiteren Karrieren ehemaliger Mitarbeiter des Instituts. Zu ihnen gehörten die bis heute in der Kirche und der Gesellschaft zum Teil noch immer hoch angesehenen Institutsleiter Walter Grundmann und der Kirchenmusiker Erhard Mauersberger, sagte Birkenmeier.
Deren Schicksal und Würdigung durch die Nachwelt ist auch Thema einer wissenschaftlichen Tagung ab 18. September auf der Wartburg im Vorfeld der Ausstellungseröffnung, sagte der Jenaer Kirchenhistoriker Christopher Spehr. So wurde Grundmann wenige Jahre nach 1945 die Ausbildung des theologischen Nachwuchses in Thüringen gestattet. Ab 1956 diente er sich zudem als fleißiger Informant der Stasi an, sagte Spehr. Mauersberger, der in der NS-Zeit in Eisenach an einem »entjudeten« Gesangsbuch arbeitete, stieg 1961 zum 14. Thomaskantor nach Bach in Leipzig auf.
Das Eisenacher Institut stehe zwar in besonderer Weise für einen deutschchristlich verantworteten wissenschaftlichen Antisemitismus in der NS-Zeit, sei aber nur eines von ähnlichen pseudo-wissenschaftlichen Einrichtungen gewesen, sagte Spehr weiter. Zudem standen die Thüringer in regem Austausch mit Gleichgesinnten im ganzen Reich sowie den deutschsprachigen Regionen Rumäniens und in Skandinavien, vor allem in Schweden. Auch diesem Aspekt widme sich die Tagung, kündigte der Jenaer Professor an.
Das Eisenacher »Entjudungsinstitut« war am 4. April 1939 auf Betreiben führender »Deutscher Christen« gegründet worden. Die Gründungsfeier fand am 6. Mai auf der Wartburg statt. Es ging dem Institut unter anderem um eine Abwertung des Alten Testaments und die Tilgung sämtlicher jüdischer Spuren im Neuen Testament. So brachte der Arbeitskreis »Volkstestament« 1941 ein »entjudetes« Neues Testament unter dem Titel »Die Botschaft Gottes« heraus.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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