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Gleichberechtigung auf der Herrentoilette
Wickeln wird abgewertet

Wandwickeltisch auf einer Damentoilette | Foto: epd-bild/Heike Lyding
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  • Wandwickeltisch auf einer Damentoilette
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«Wickeltische auf Männertoiletten bringen die Geschlechterordnung durcheinander», sagt Sebastian Grieser. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Geschlechtersoziologie an der Universität Bielefeld forschte zum Thema «Wickeln im außerhäuslichen Raum». Im Gespräch mit Jana-Sophie Brüntjen erklärt er, warum wickeltischfreie Männertoiletten ein Symptom eines tiefer liegenden Problems sind.

Wenn ein Vater auf der Herrentoilette einen Wickeltisch sucht, wird er in der Regel nicht fündig. Warum ist das so?
Sebastian Grieser: Das hat verschiedene Gründe. Zum einen sind Wickeltische auf Toiletten in Deutschland gesetzlich nicht vorgeschrieben, auch auf Frauentoiletten nicht. Zum anderen sind WCs hierzulande aus kulturellen Gründen getrennt, obwohl das biologisch nicht nötig wäre. Frauen- und Männertoiletten unterscheiden sich in der Ausstattung: Bei den Damen gibt es zum Beispiel manchmal Schminktische, bei den Herren Kondomautomaten. In der Geschlechterforschung sagt man, dass Räume «gegendert» sind. Wenn nun in einem männlichen Raum wie dem Herren-WC ein mit Weiblichkeit verknüpftes Objekt wie ein Wickeltisch steht, irritiert das die Geschlechterordnung.

Wäre der Bedarf für Wickelmöglichkeiten auf Männertoiletten denn da?
Die Geschlechterrollen ändern sich, und Väter verbringen mehr Zeit mit ihren Kindern. Diese sogenannten aktiven Väter überlassen die als unangenehm geltenden Aufgaben trotzdem noch immer eher der Mutter. Eine Untersuchung des Statistischen Bundesamts hat zum Beispiel ergeben, dass Väter von Kindern unter sechs Jahren 2013 eine halbe Stunde pro Tag für Beaufsichtigung und Körperpflege aufgewendet haben, worunter auch das Wickeln fällt. Bei den Frauen waren es knapp 1,5 Stunden. Dazu kommt, dass Fürsorgetätigkeiten wie Wickeln gesellschaftlich noch immer abgewertet werden. Wickeltische auf Männertoiletten wären also eine Erleichterung für wickelnde Väter und würden die anderen Väter daran erinnern, dass sie auch wickeln könnten.

Kann Deutschland hier vom Ausland lernen?
In New York wurde ein Gesetz erlassen, nach dem in allen renovierten und neugebauten Toiletten ein Wickeltisch stehen muss. Ein anderes gutes Beispiel ist Skandinavien. Dort wird lockerer mit Wickeln in der Öffentlichkeit umgegangen. Es gibt viele Familientoiletten, Wickelräume und gemischte Wasch-räume. Solche Einrichtungen sind vereinzelt in Deutschland zu finden, es müsste deutlich mehr geben. (epd)

Wandwickeltisch auf einer Damentoilette | Foto: epd-bild/Heike Lyding
Sebastian Grieser   | Foto: privat
Autor:

Online-Redaktion

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