Mannheimer Todesfahrt
Notfallseelsorger unterstützten Betroffene

Foto: epd-bild/Meike Boeschemeyer

Am Tag nach der Amokfahrt mit zwei Toten steht Mannheim weiter unter Schock. Menschen legen Blumen nieder, haben Tränen in den Augen. Viele Geschäfte sind geschlossen: «Mannheim steht still» heißt es an einem Kaufhaus.

Von Christine Süß-Demuth (epd)

An einer Straßenlaterne in der Mannheimer Fußgängerzone liegen weiße, pinke und rote Rosen. Menschen halten inne, sprechen ein kurzes Gebet. Durch einen Amokfahrer war dort am Montagmittag ein 54-Jähriger getötet worden, als er die Straße überquerte. «Hier wurde Albert umgebracht. Eigentlich unfassbar. Immer gut gelaunt. Immer hilfsbereit», heißt es auf einem weißen Blatt Papier, unterschrieben mit «Dein Freund Christopher».

Bei der Todesfahrt eines Deutschen durch die Fußgängerzone verlor auch eine 83-jährige Frau ihr Leben, elf Menschen wurden teils schwer verletzt. Wenig später wurde der mutmaßliche Täter festgenommen. Gegen den 40-Jährigen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen zweifachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes.

Ralf Kühnle hatte am Montag in seiner Mittagspause die Tat beobachtet. «Ich hatte das Bedürfnis, heute nochmals an den Ort des Geschehens zu kommen», erzählt Kühnle: «Der Mann wurde durch die Luft geschleudert. Ich war so geschockt, dass ich nur noch weiß, wie das Auto mit unglaublicher Geschwindigkeit weitergerast ist.»

Nach seiner Zeugenaussage habe ihn die Polizei auf die Gesprächsmöglichkeit mit Notfallseelsorgerinnen und -seelsorgern hingewiesen. Dies habe er noch nicht in Anspruch genommen, sagt Kühnle, der bei der Evangelischen Kirche in Mannheim arbeitet. Allerdings habe ihn spätabends noch eine Pfarrerin angerufen.

Am Dienstag sind zahlreiche Notfallseelsorger am Ort der Amokfahrt zwischen dem Wasserturm und dem Paradeplatz. Mit dabei ist auch Polizeibeamtin Irina Winter, die psychosoziale Beraterin im Nebenamt ist. Viele Kollegen seien geschockt, arbeiteten aber weiter. «Die soll man da machen lassen», berichtet sie. Es helfe, über das Gesprochene zu reden, etwa mit Kollegen.

Auf den Planken, so heißt die Haupteinkaufsstraße, ist es ruhiger als sonst. Viele Geschäfte sind geschlossen: «Mannheim steht still» heißt es an einem Kaufhaus: «Unsere Gedanken sind bei den Opfern, ihren Angehörigen und allen, die in unserer Stadt Angst und Schrecken erleben mussten.»

Auch am Paradeplatz legen Menschen immer wieder Blumen und Kerzen ab. Leise sprechen sie über das schreckliche Ereignis. Sie sind geschockt, dass es «schon wieder Mannheim getroffen hat». Im Mai vergangenen Jahres war der Polizist Rouven Laur durch einen Messerangriff getötet worden, nur wenige Meter entfernt vom Tatort der Amokfahrt.

Einige Menschen haben Tränen in den Augen. Andere schließen die Augen zum Gebet. Mehrere Minuten verharrt auch Tooba Quaiser, die Hände vor dem Gesicht zum Gebet gefaltet. Es werde viel davon gesprochen, dass die Religion die Menschen trenne. Das erlebe sie anders, sagt die indisch-stämmige Muslimin. Sie ist überzeugt davon, dass «das Gebet die Menschen gerade hier an diesem Tag vereint, egal ob Muslime, Christen und Juden und viele andere».

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