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Nachgefragt
Genie und "Moneymaker": Heute wäre Dalí Social-Media-Star

Dalí-Kenner: Torsten Otte (r.) mit dem österreichischen Künstler Ernst Fuchs | Foto: Mike Deppe
  • Dalí-Kenner: Torsten Otte (r.) mit dem österreichischen Künstler Ernst Fuchs
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Torsten Otte ist am 15. März, 19 Uhr, im Kunsthaus Apolda Avantgarde zu Gast. Der Dalí-Biograf spricht in der von G+H präsentierten Begleitveranstaltung zur aktuellen Ausstellung über Salvador Dalí nicht nur als Genie. Warum Otte in ihm auch einen "Provokateur und Moneymaker" sieht, hat er Beatrix Heinrichs erklärt.

Sie sind als Rechtsanwalt tätig. Zwischen trockenen Gesetzestexten und surrealer Kunst liegen Welten. Wie haben Sie Ihr Interesse für Dalí entdeckt?
Torsten Otte: Im gymnasialen Kunstunterricht haben wir Dalís Gemälde Traum – verursacht durch den Flug einer Biene um einen Granatapfel, eine Sekunde vor dem Aufwachen – analysiert. Ich war von Dalís Stil und seiner technischen Virtuosität sofort beeindruckt. Ein paar Jahre später, während des Studiums, habe ich eine Dalí-Ausstellung besucht und war total begeistert. Das war der Anfang.

In dem Zyklus "Biblia sacra", der im Kunsthaus in Apolda gezeigt wird, beschäftigt sich Dalí mit Glaubensfragen. Gibt es ein Bild aus dieser Werk-reihe, das Sie besonders anspricht?
Das Bild „Vanitas Vanitatum“, das in der Ausstellung unter dem Titel „Ist alles sinnlos? Der Prediger Salomo“ gezeigt wird, spricht mich wegen des Kolorits an. Die Grundfarbe dieser Arbeit – Violett – soll übrigens Dalís Lieblingsfarbe gewesen sein.

Dalí hat nicht nur gemalt, er war künstlerisch vielseitig und hat sich für die Naturwissenschaften ebenso interessiert wie für die psychoanalytischen Werke von Sigmund Freud. Seine Kehrtwende hin zum Katholizismus in den 1950er-Jahren überraschte in der Kunstszene. War das reine Provokation?
Reine Provokation war dies sicherlich nicht. In seinem „Tagebuch eines Genies“ schreibt Dalí, dass er 1949 den Glauben gefunden habe, was jedoch nicht zutrifft. Im gleichen Jahr malte er „Die Madonna von Port Lligat“ und bezeichnete die Arbeit als sein erstes religiöses Gemälde. Zwei Jahre später lernte Dalí den österreichischen Künstler Ernst Fuchs kennen. Beide verband eine langjährige Künstlerfreundschaft. Ich habe Fuchs 2010 interviewt, und er hat mir berichtet, dass er Dalí „den Floh mit der Religion ins Ohr gesetzt habe“. Gala sei davon überhaupt nicht begeistert gewesen, da sie Religion gehasst habe. Ernst Fuchs hat Dalí also zumindest darin bestärkt, sich auch in späteren Jahren religiösen Sujets zu widmen.
Man darf aber auch annehmen, dass Dalí nach dem Zweiten Weltkrieg sein künstlerisches Bekenntnis zum Katholizismus zum Ausdruck bringen wollte, weil er 1948 in seine Heimat zurückgekehrt war. Er und Gala hatten von 1940 bis 1948 in den USA gelebt. Im erzkatholischen Spanien unter General Franco erkannte Dalí die Möglichkeit, zumindest auf der Leinwand Glauben zum Ausdruck zu bringen.

Von Künstlern hat man oft das Bild eines kreativen, aber mittellosen Genies. Trifft das auf Dalí zu?
Auf Dalí trifft dieses Bild ganz und gar nicht zu. In den Vereinigten Staaten von Amerika begründete er seinen Weltruhm, der bei ihm mit großem finanziellen Erfolg einherging. Dalí erinnerte sich später, dass Amerika ihn wie einen "verlorenen Sohn" aufgenommen und ihm die Dollars "paketweise an den Kopf geworfen" hätte. In seinem 1973 erschienenen Buch „So wird man Dalí“ schreibt er, seine besten Tage seien solche, an denen er zwischen Erwachen und Frühstück 10 000 Dollar für eine Druckplatte verdiene. Die habe er dann zum Vergnügen graviert, was mit einem Scheck über 50 000 Dollar endete.

Wie hat sich der Kunstmarkt seit Dalí verändert?
Die Digitalisierung hat den Kunstmarkt nachhaltig verändert und neue Möglichkeiten für die Kunstproduktion und den Kunsthandel geschaffen. Dalí wäre davon begeistert gewesen. Er war zeitlebens an technischen Innovationen interessiert, die für ihn auch Inspirationsquelle für seine Kunst waren. Würde Dalí heute noch leben, wäre er mit Sicherheit in Social Media an vorderster Front aktiv. Der Surrealist hat als erster bildender Künstler erkannt, wie wichtig Präsenz in den Medien ist, um kommerziell erfolgreich zu sein.

Tipp: "Salvador Dalí – Genie, Provokateur und Moneymaker", Vortrag von Torsten Otte, 15. März, 19 Uhr, Kunsthaus Apolda 

Autor:

Beatrix Heinrichs

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