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Kirche auf 100 bis 80
Protestanten wollen ehrgeiziger beim Klimaschutz sein

Foto: epd-bild/Jens Schulze

Während die Weltgemeinschaft in Scharm el Scheich um mehr Engagement für den Klimaschutz ringt, fasst sich in Deutschland die evangelische Kirche an die eigene Nase. Selbstgesteckte Klimaziele hat sie bislang nicht erreicht. Das soll anders werden.

Von Corinna Buschow 

Magdeburg (epd). Klimaschutz predigen, Diesel-Limousine fahren: Auch in der Kirche klaffen Anspruch und Realität beim Ausstoß von Treibhausgasen auseinander. Jährlich kritisiert die Deutsche Umwelthilfe bei ihrem Dienstwagencheck katholische und evangelische Würdenträger für ihre Dienstkarossen. Aber auch neben dem plakativen Beispiel gibt es Baustellen: Gebäude, die nicht energieeffizient sind, Heizungen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, Kantinen, die viele Fleischgerichte anbieten - das alles gibt es auch bei der Kirche.

Die evangelische Kirche will das nun ändern. Seit Oktober gilt eine Klimaschutzrichtlinie, die der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und die Kirchenkonferenz - der Zusammenschluss aller 20 Landeskirchen - verabschiedet haben. Sie formuliert als Ziel Klimaneutralität bis 2045 und legt dafür Umsetzungsschritte fest, die etwa die Energieversorgung, Dienstreisen und Kantinen betreffen.

Schon bis 2035 sollen 90 Prozent der klimaschädlichen Emissionen reduziert werden. Bezugspunkt ist der 1. Januar 2023. Die EKD-Synode hatte vor einem Jahr ein ehrgeizigeres Ziel gefordert, nämlich Treibhausgasneutralität zu 100 Prozent bis 2035. Daran erinnerte am Dienstag die Bewegung «Christians for Future», die eine Verschärfung der Richtlinie forderte. Bei der Synodentagung in Magdeburg äußerten sich auch viele Synodale ungeduldig. Die Kirche müsse Vorbild sein, sagte die Studentin Fiona Paulus.

Dass die Richtlinie hinter dem Synoden-Beschluss zurückbleibt, liege daran, dass ein Kompromiss mit allen Landeskirchen gefunden werden sollte, erläuterte Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich. Dass es allein mit Zielen nicht getan ist, machte Oliver Foltin deutlich, der bei der Forschungsstelle der Evangelischen Studiengemeinschaft die Klimabemühungen der evangelischen Kirche überwacht.

Denn bislang wurden die Ziele verfehlt: Bis 2015 sollte die evangelische Kirche ein Viertel der Emissionen reduzieren, 20 Prozent wurden es. Hinter dem nächsten Ziel, bis 2020 40 Prozent der Emissionen einzusparen, blieb die Kirche um 11 Prozentpunkte zurück.

Man müsse dringend ins Handeln kommen, appellierte die EKD-Klimabeauftragte Kristina Kühnbaum-Schmidt. In allen gesellschaftlichen Bereichen fehle der Wille zu verantwortlichem Handeln, beklagte die Theologin, deren offizieller Titel «Beauftragte für Schöpfungsverantwortung» ist. Aus dem biblischen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung leitet die Kirche heute ihren Einsatz für Klimaschutz ab.

In der Debatte auf der Synode ging es vor allem um Ehrgeiz und Hürden. Während die Einen vor Überforderung warnten, erinnerten andere an die Bedrohungsszenarien, die mit der Erderwärmung
einhergehen: Hitze, Dürre, Überschwemmung. Und wo die Einen auf die Verantwortung gerade für die vom Klimawandel besonders stark betroffenen armen Länder verwiesen, berichteten Andere von Verwaltungshürden bei der Sanierung von Gebäuden oder Installation von Fotovoltaikanlagen.

Den Willen für mehr Radikalität im Handeln unterstrich die Synode mit der Einladung einer Aktivistin der Bewegung «Letzte Generation», die wegen Straßenblockaden und Lebensmittelattacken auf Kunstwerke auch unter Kirchenverantwortlichen umstritten ist. Aimée van Baalen nutzte das Podium, um die evangelische Kirche um Unterstützung bei den Zielen zu bitten, wozu ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen gehört.

Zumindest als Selbstverpflichtung könnte die evangelische Kirche das umsetzen. Ein entsprechender Antrag für ein Tempolimit 100 auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen wurde auf der Synode gestellt. Die Abstimmung ist am Mittwoch.

Die Bischöfinnen und Bischöfe müssten dann eben langsamer von der Synode nach Hause fahren, sagte Synodenpräses Heinrich, die Sympathie für die Selbstverpflichtung erkennen ließ. Auch die Klima-Bischöfin Kühnbaum-Schmidt hätte wahrscheinlich wenig Probleme damit. Ihr Fahrer sei angewiesen, nicht schneller als 130 km/h zu fahren, sagte sie. Unterwegs ist Nordkirchen-Bischöfin Kühnbaum-Schmidt als eine der wenigen leitenden Geistlichen seit zwei Jahren mit dem E-Auto. Von der Umwelthilfe gibt es dafür die grüne Karte.

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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