Freitag, vor eins ...
Unsere Seite 1 - Predigt Ihr Pfarrer noch oder vlogt er schon?
Warum jeder Pfarrer eine "Kuchenregel" haben sollte, wie ein Whiteboard im Pfarrbüro (fast) alle Probleme lösen kann und was Andachten in Altenheimen und bei Schulklassen so easy macht, weiß Gunnar Engel. Dieses Wissen aber teilt der Pfarrer aus Norddeutschland nicht nur mit seinen Amtskollegen. Nein, Pastor Engel nimmt die ganze Gemeinde mit. Um genau zu sein: die ganze Netzgemeinde. Mit einem Video-Tagebuch auf Youtube. Halleluja, da hat einer das Netz verstanden - und seinen Verkündigungsauftrag.
Im Internet gibt es alles. Und mehr noch davon auf den Video-Kanälen, allen voran Youtube. Da kann aus einem einfachen Mädchen von nebenan eine Influencerin werden. Und das nur, weil es sich mal eben dabei filmt, wie es die Einkäufe aus dem Drogeriemarkt auspackt. Wenn es so richtig gut läuft, wird aus der Influencerin sogar eine Marke. So gesehen bei der Beauty-Bloggerin Bianca Heinicke. "Bibi" verkauft bei dm seit 2015 Shampoo und Nagellack, das ihren Namen trägt. Donnerwetter, das ist Hollywood.
Warum funktioniert das ? Die Antwort ist ganz einfach und ich wette, als Christ wird Ihnen diese Idee irgendwie bekannt vorkommen: Was du auch tust (oder glaubst), erzähl davon, damit andere es weitersagen können. Bei uns Christen heißt das Mission. Der gemeine Nerd nennt es Viralität - das wichtigste Chromosom der digitalen DNA. Zwischenfazit: Keiner sollte wohl ein besseres Verständnis vom Netz haben, als wir Christen. Aber wir wissen ja aus Matthäus 7,14: Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind ihrer, die ihn finden.
Wenige, ja, aber doch einige. Der junge Pfarrer aus Wanderup in Schleswig-Holstein ist einer von ihnen. "Life of a Pastor" heißt sein Vlog - so nennt man ein Video-Tagebuch im Online-Deutsch. In seinen kleinen Filmchen erklärt der 32-Jährige was ein Lutheraner ist, wie das mit dem Beten funktioniert oder warum wir Weihnachten feiern. Er gibt auch Tipps zum Bibellesen und denkt in der Rubrik "Frag den Pastor" FAQs mal neu. Gunnar Engel ist jung, nahbar und ziemlich lässig. Und er ist längst nicht der einzige Pfarrer seiner Generation, der Verkündigung auch digital betreibt. Als "service ready to share" sozusagen. Auf Twitter gibt es eine Reihe junger Pfarrerinnen, die nicht nur Schnappschüsse aus ihrem Alltag posten. Sie sind online auch als Seelsorger unterwegs.
Laut Christian Sterzik bietet das Internet für die Kirchen mehr Berührungspunkte mit Suchenden als je zuvor. "Darum muss die evangelische Kirche digitaler werden und ihren Auftritt im Internet verstärken", forderte der Leiter der Stabsstelle Digitalisierung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gestern beim Evangelischen Medientag in Berlin. Bisher habe die EKD etwa 500 digitale kirchliche Projekte in Deutschland identifiziert, so Sterzik. Es sind doch einige auf dem Weg zur engen Pforte. Eine "Stopptaste für die technische Entwicklung" gebe es eh nicht, wie Dennis Horn, Digitalisierungsexperte der ARD, beim gestrigen Medientag treffend formulierte.
Psst, unter uns: Die Kirchenzeitung hat das ja längst erkannt. Und so beschäftigt sich unsere aktuelle Ausgabe mit dem #neuland, das längst keines mehr ist. Viel Freude beim Streamen unserer Themen!
Diese Woche in der Kirchenzeitung:
- Weltbewegung: Die Digitalisierung hat viel Nützliches erbracht. Ihr Markenzeichen ist aber vor allem Zukunftsorientierung. Einem neu erstarkten Fortschrittsglauben entspricht die Fülle digital zu erfüllender Verheißungen.
- Kirchengemeinde 2.0: Auch die Kirchenzeitung kann sich dem veränderten Nutzerverhalten nicht verschließen. Viele informieren sich heute via Smartphone, Tablet oder PC im Internet. Wer da den Anschluss nicht verlieren will, muss digitale Angebote bereithalten.
- Erfahrung: Zuhören ist gefragt - auf dem Dorf wie im Netz. Gemeindebriefreporten aus dem Norden und dem Süden der EKM berichten.
Außerdem:
- "Verschweigungsgeschichte": Das »Eisenacher Entjudungsinstitut« stand 80 Jahre nach seiner Gründung im Mittelpunkt einer wissenschaftlichen Tagung am Gründungsort auf der Wartburg.
- Kirchbautag: Der Tante-Emma-Laden in der Dorfkirche, die Physiotherapie in der Sakristei – für Elke Bergt vom Baureferat des Landeskirchenamtes sehen so zukunftsfähige Konzepte aus.
- Erinnerung: Am 30. September wäre Dorothee Sölle 90 Jahre alt geworden. Leidenschaftlich trat sie für einen tätigen Glauben ein.
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Autor:Beatrix Heinrichs |
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