Gott ist wie eine Hand, die mich führt
Bilder von Gott: Kinder erzählen und malen, wie sie sich Gott vorstellen – Erfahrungen einer Religionslehrerin.
Von Katja Kropfgans
Wie sieht Gott aus? Wie alt ist er? Wo ist er? Diese Fragen sprudeln unbefangen hervor, wenn ich im evangelischen Religionsunterricht an der Grundschule Kinder einlade, ihre Fragen zu Gott zu stellen. Vorsichtig und zurückhaltend reagieren die Mädchen und Jungen erst, wenn ich sie bitte, ein Bild mit ihrer Vorstellung von Gott zu malen. Ich weise sie darauf hin, dass sie dabei keine Fehler machen können, solange wir Gott nicht auf ein bestimmtes Bild festlegen. Viele Menschen machen sich Vorstellungen von Gott, verschiedene. Dann legen die Kinder los.
Häufig ähneln sich die Bilder. Zu sehen ist fast immer ein Mann. Er ist alt, trägt ein langes oft weißes Gewand, einen Bart und lächelt freundlich, milde und großväterlich vom Himmel herab.
Ebenso beliebt ist die Vorstellung von Gott als mächtiger König, mit allen majestätischen Attributen ausgestattet, die die Fantasie der Kinder hergibt: ein Mann mit Bart, Krone und Zepter, einen prächtigen Mantel tragend, sitzend auf einem Thron. Ein weiterer beliebter Vergleich ist Gott als starker Held mit Superkräften, gekleidet mit blauem oder rotem Umhang.
Der Ort ist auch klar definiert: Gott wohnt in den Wolken, umgeben von Licht. Manchmal schwebt er auch über der Welt. Ich habe beobachtet, dass sich diese sehr »vermenschlichten« Vorstellungen von Gott sehr hartnäckig bis in das frühe Jugendalter von 13 bis 14 Jahren halten. In Ausnahmen taucht auch die Vorstellung von Gott als gleichermaßen männliches und weibliches Wesen auf.
Im Verlauf des Unterrichts erzählen dann die Kinder einander, wie sie sich Gott vorstellen: Schützend, stark, freundlich und gut. Darüber herrscht durchaus Einigkeit. Abschließend geht es darum, die große Vielfalt der Gottes-Vorstellung zu würdigen und darauf hinzuweisen, dass keiner Gott gesehen hat und Gott größer und vielfältiger als unsere menschliche Vorstellung ist. Dann kann es auch passieren, dass ein Kind plötzlich in die Runde fragt: Gibt es Gott überhaupt?
Erschrockene Blicke richten sich auf mich, jemand ruft entrüstetet »Na klar.« Ich ermutige die Kinder sich darüber zu unterhalten. Tatsächlich entsteht häufig ein kurzes und lebhaftes Gespräch, in dem sich sehr verschiedene Haltungen der Kinder zeigen. Wir entdecken dabei, die Frage nach Gott und das Hinterfragen von Gott gehören zusammen, verbinden uns und gehören zu unserem Menschsein. Damit sind wir bei der Bibel und ihrer Vielfalt an Gottesvorstellungen angekommen.
Auch die Bibel beschreibt verschiedene Haltungen und menschliche Erfahrungen mit Gott. Gott ist wie eine Hand, die mich führt, Licht, Wasserquelle, Regenbogen, Fels und Burg, Mutter, Vater, ein guter Hirte. Wenn Kinder aus einem vielfältigen Angebot von Zitaten und Vorstellungen auswählen dürfen, entscheiden sie sich häufig für Synonyme aus der Natur: Quelle, Sonne und Regenbogen. Sie malen oder schreiben ihre Gedanken dazu auf. Auf diese Weise können die Kinder ihre Gottesvorstellungen erweitern und sie denken Gott nicht ausschließlich »menschlich«.
Jede biblische Beschreibung von Gott ist die Einladung, uns auf einen Glaubensweg zu begeben und persönliche Erfahrungen mit Gott zu machen. Deshalb suchen die Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht nach Gottes Spuren in ihrem Leben. Das können Augenblicke des Friedens mit sich und der Verbundenheit mit anderen Menschen sein. Wir schauen auf Zeichen der Liebe und Zuwendung in der Familie und unter Freunden, auf Erlebnisse in der Natur, auf besondere Orte, beispielsweise Kirchen. Den Abschluss bildet ein Gebet, in dem Bitte und Klage, Lob und Dank Platz haben.
Autor:Online-Redaktion |
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