Domgemeinde: Magdeburg nach dem Attentat
Dona nobis pacem
Am Freitagabend vor dem vierten Advent sang der Domchor sein erstes von drei geplanten Weihnachtssingen im Dom. Im Konzert kam der Küster nach vorne und flüsterte mir zu, dass es ein Attentat auf dem Weihnachtsmarkt gegeben hat. Draußen heulten die Martinshörner.
Von Jörg Uhle-Wettler
Wir strichen „O du fröhliche“ aus dem Programm und ahnten die Wucht, die jetzt kommen würde. 3 Minuten haben am 20. Dezember 19.03 Uhr Magdeburg verändert.
24 Stunden später, am Samstagabend, saßen wir wieder im Dom, 19 Uhr.
Angehörige, Helfer, Schausteller vom Weihnachtsmarkt, der Bundespräsident, der Bundeskanzler. Hunderte im Dom, Tausende auf dem Domplatz. Der Trauergottesdienst wurde nach draußen übertragen. Es regnete, Magdeburg weinte.
Diese tiefe Traurigkeit in einer Stadt, die Verletzungen in der DNA abgelegt hat, entfachte eine enorme Solidarität in der Stadtgesellschaft. Es entstanden Blumenmeere und Kerzeninseln. Teddys standen vor der Johanniskirche am Markt, weil auch ein Kind gestorben war. Eine Lichterkette der Magdeburger, die dreimal um den Markt reichte, ließ unausgesprochen Fremde zu Vertrauten werden.
"Wir strichen ›O du fröhliche‹ aus dem Programm"
Alle Gottesdienste zum Weihnachtsfest im Dom haben in diesem Jahr „O du fröhliche“ durch „Dona nobis pacem“ ersetzt. Domkantor, Gemeindepädagogin, Landesbischof und Domprediger haben sich darauf verständigt. „Die Nacht ist vorgedrungen“ und „Ich steh an deiner Krippen hier“ wurden in diesen Tagen und Nächten besondere Trostlieder für die Kehle und Seele.
Ein Händler auf dem Weihnachtsmarkt verschenkte alle seine Schaffelle, damit die Blutenden auf der Erde weich liegen. Er ist mein Weihnachtsengel 2024 .
Der Autor ist Domprediger im Magdeburger Dom.
Autor:Online-Redaktion |
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